Gesehen: The Intruder (2004) - Kolonialismus essen Seele auf
Echos schlagen durch das Dickicht der verblassenden und verdrängten Erinnerungen Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Die koloniale Schuld hat das Herz dieses Mannes zerfressen. Seine Taten von damals™ auf Tahiti hallen bis ins Frankreich von heute – oft als Echo vermeintlich wahlloser Geräusche, die durch das Dickicht der verblassenden und verdrängten Erinnerungen Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen.
Doch nicht nur Klänge wiederholen sich, auch die Verfehlungen des Mannes, die er nie für sich aufgearbeitet hat und es dafür jetzt, an seinem Lebensende, längst zu spät ist.
Während seiner jüngeren Jahre auf Tahiti zeugte er mit einer Frau einen Jungen. Doch er ließ beide sitzen, lernte seinen Sohn nie kennen. In Frankreich hat sich sein anderer Sohn mittlerweile so weit von ihm entfernt, dass sie sich einander nahezu so fremd wie zwei auf dem Fußweg ineinanderrempelnde Passant*innen sind.
Bald löst sich diese Schleife mit Sicherheit und die letzte Chance, die anderen Senkel wieder zu binden, rinnt ihm immer schneller durch die Finger. Aber er hat eben immer getan, was ein Mann tun muss – jedenfalls ist dieser Glaube das einzige, was ihm noch Halt im Leben zu geben scheint.
Zwei Söhne zeugen? Ziemlich männlich. Ein beträchtliches Vermögen durch vermutlich zwielichtige Geschäfte anzuhäufen? Mehr Testosteron geht kaum. In den Bergen leben und täglich nackt durchs Unterholz schleichen? Regelrecht waldschratig. Mit einer deutlich jüngeren Frau trotz bevorstehenden Herzversagens schlafen und dabei fast draufgehen? Immens maskulin. Bloß kein Spenderherz von einer Frau annehmen, um sich die eigene Männlichkeit zu bewahren? Bedarf eigentlich keiner Antwort mehr...
Er klammert sich an leere Begriffshüllen, denen er maximale Männlichkeit zuschreibt – einfach nur, um sich nicht seinem Versagen als Mann stellen zu müssen. Denn als Mann ist er eben auch Lebenspartner und Vater – und das sind Rollen, an denen er offenbar krachend gescheitert ist.
★★★★☆
