Jean-Pierre Léauds Figur wird mit jeder gesprochenen Silbe unsympathischer und unerträglicher. So wird aus dem idealistischen Freidenker im Verlauf von mehr als dreieinhalb Stunden ein unerträgliches Arschloch, an dessen Entwicklung sich vieles von dem ablesen lässt, was alles falsch in einer patriarchalen und binär denkenden Gesellschaft ist.
Denn vermeintlich liberale Figuren wie die von Léaud sind in der Regel selbst Vasallen des Patriarchats – ob nun bewusst oder nicht. Ihr Freiheitsbegriff bezieht sich nur auf sich selbst und in der Folge auf das eigene Geschlecht. Es ist ein Freiheitsbegriff, der gar nicht mal so insgeheim eine Hackordnung vorsieht und fast den gesamten verfügbaren Raum einnimmt.
Doch auf diesem zunächst sehr engen Raum wandeln sich die Frauen im Umfeld des Protagonisten von zunächst schemenhaften zu immer klarer gezeichneten Figuren, mit immer mehr Schichten und Dimensionen, in die sie erst hinein- und dort schließlich auch über den Protagonisten hinauswachsen.
Der finale Monolog ist eine absolute Wucht, die sich nur durch diese akribische, dreieinhalbstündige Vorbereitung entfalten kann – ein Befreiungsschlag, durch den der Protagonist zerbricht, weil seinem Ego der zuvor parasitär infiltrierte Lebensraum genommen wird.
★★★★☆
Der Film steht noch kostenlos bis zum 01. September 2025 bei Arte in der Mediathek:


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