Vor ziemlich genau einem Monat habe ich noch das hier drüben bei Bluesky geschrieben:

Also ich würde ja gerne mal wieder sowas wie BOTTLE ROCKET oder RUSHMORE von Wes Anderson sehen. Oder gleich etwas komplett Neues. Denn ich schaffe es kaum durch den Trailer von THE PHOENICIAN SCHEME. Das ist doch alles nur noch Selbstparodie.

Aber nach den verhalten positiven Stimmen aus Cannes habe ich dann beschlossen, es doch noch mal im Kino zu versuchen. Und das war gar nicht so schlecht.

Wes Anderson hat für THE PHOENICIAN SCHEME nämlich seinen inneren Aki Kaurismäki gechannelt. Der hat mich zuletzt mit FALLEN LEAVES begeistert und damit, wie er in diesem Film seine starre Form in den Momenten aufbrechen lässt, in denen seine Figuren von der Liebe vereinnahmt werden.

Die Entwicklung hin zu einer ganz ähnlichen Starre war auch bei Wes Anderson über mehrere Filme hinweg zu beobachten. ASTEROID CITY war kaum noch von einem Puppenhaus zu unterscheiden. Doch THE PHOENICIAN SCHEME bricht diese Kruste wieder auf – nicht, weil die Figuren von Liebe überwältigt werden und nicht mehr an ihrem Korsett halten können, sondern weil es die (lies: unsere) Welt verlangt.

Benicio del Toros Figur lässt sich ziemlich leicht als Amalgam aus Trump und Musk lesen – einerseits mit einem vermeintlichen Firmenimperium, das bei genauerem Hinsehen jedoch nicht mehr als ein mit billigem Sekundenkleber zusammengehaltenes Kartenhaus ist, andererseits mit so viel Fuck-You-Money ausgestattet, dass ein Scheitern unmöglich geworden ist.

Familie ist nicht mehr Familie, sondern ein Synonym für ein Business, dessen Angestellte sich kuratieren lassen. Religiosität ist ein Label, das man sich aufs Revers pappen kann, weil sich auch daraus Profit schlagen lässt. Christlich-konservative Werte sind rules for thee and not for me. Menschen, die ein solidarisches und gerechteres Miteinander anstreben, werden als radikale Terrorist:innen abgestempelt.

Es scheint Anderson unmöglich, nicht auf diese irre Welt zu reagieren. Aber er kennt auch seine Grenzen. Somit ist THE PHOENICIAN SCHEME keine vielschichtige Betrachtung einer politisch überkomplexen Welt, sondern ein Vorführen der regelrecht zirkusartigen Dimension samt allen Clowns dieser. Dafür bricht Anderson mit seiner zuvor so starren Kadrage. Wackelnde Bildausschnitte wirken fast schon fremd. Und wenn etwas beweist, wie ernst Anderson die Sache ist, dann ist es die Existenz eines verdammten Steadicam-Shots 😅

Was Kaurismäki innerhalb eines Filmes schafft, braucht bei Anderson halt drei Lang- und vier Kurzfilme. Aber das macht es für mich auch so interessant, weil es mich das Gesamtwerk noch mal anders betrachten lässt.

★★★½☆

🇺🇸/🇩🇪, R: Wes Anderson, D: Benicio del Toro, Mia Threapleton, Michael Cera, Riz Ahmed, Tom Hanks, Bryan Cranston, Mathieu Amalric, Richard Ayoade, Jeffrey Wright, Scarlett Johansson, Benedict Cumberbatch, Rupert Friend, Hope Davis, Bill Murray, Willem Dafoe, Alex Jennings, Charlotte Gainsbourg, F. Murray Abraham, Steve Park, Trailer, Letterboxd, Wikipedia, Foto: Universal Pictures International Germany

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A ★★★½ review of The Phoenician Scheme (2025)
Vor ziemlich genau einem Monat habe ich noch das hier drüben bei Bluesky geschrieben: Also ich würde ja gerne mal wieder sowas wie BOTTLE ROCKET oder RUSHMORE von Wes Anderson sehen. Oder gleich etwas komplett Neues. Denn ich schaffe es kaum durch den Trailer von THE PHOENICIAN SCHEME. Das ist doch alles nur noch Selbstparodie. Aber nach den verhalten positiven Stimmen aus Cannes habe ich dann beschlossen, es doch noch mal im Kino zu versuchen. Und das war gar nicht so schlecht. Wes Anderson hat für THE PHOENICIAN SCHEME nämlich seinen inneren Aki Kaurismäki gechannelt. Der hat mich zuletzt mit