Anlässlich des Oscar-Gewinns von FLOW Jason Hellerman für No Film School eine Liste mit sieben tollen Filmen zusammengestellt, in denen wie in dem lettischen Animationsfilm gar nicht oder auch nur sehr wenig gesprochen bzw. auf Dialoge weitestgehend verzichtet wird.
No, I'm not talking about silent films, but more modern movies where characters simply don't talk for most of it.

Diese Liste möchte ich ergänzen, weil mir aus dem Stegreif noch ein paar passende und ziemlich eindrückliche Filme eingefallen sind:
Wolfgang Fischers STYX (2018) mit Susanne Wolff als Seglerin, die auf offener See auf ein schwer beschädigtes Boot mit flüchtenden Menschen stößt und sich selbst an die Rettung machen muss, weil die sogenannten Küstenwachen sich weigern, ihre Arbeit zu tun. (Justwatch)
Apichatpong Weerasethakuls MEMORIA (2021) ist eine regelrecht meditative Filmerfahrung, die in großen Teilen über Töne verschiedene Zeitebenen, Gefühle und Figuren mit einander verknüpft. (Justwatch)
Claire Denis' BEAU TRAVAIL (1999) kommt in seinen filmischsten Momenten ohne ein Wort aus. Hier sind es die Körper und die Choreografien, die einen hypnotischen Sog erzeugen, den Worte nur stören würden. (Justwatch)
Pablo Bergers ROBOT DREAMS (2023) ist ein wunderbar herzenswarmer Film über die Welt, betrachtet durch die Augen von grenzenloser Neugier und bedingungslos umarmender Akzeptanz all der Unvollkommenheiten, mit denen die Lebewesen auf der Erde durchs Leben gehen. Eine Verurteilung xenophober Strukturen und Haltungen. (Justwatch)

Mike Chesliks HUNDREDS OF BEAVERS (2022) ist sicherlich ein Grenzfall, weil er sich auch an Elementen des Stummfilms bedient. Aber letztlich steht der Film offensichtlich in der allerbesten Tradition von den Looney Toons, Jackass, South Park und so weiter und so fort – mit überhaupt keinem falschen Respekt vor Konventionen mit einem Humor, der von Albernheit und Stumpfsinn bis an nah die Grenze zur Dummheit zelebriert. (Justwatch)

David Lowerys A GHOST STORY (2017) war damals durchaus ein Wagnis. Casey Affleck anderthalb Stunden lang unter einem Bettlaken durch den Film zu schieben, war aber nicht nur ein Gimmick, sondern ein Experiment, das aufging. Diese Verdammung zur stummen Zeugenschaft hat mich noch sehr lange über den Abspann hinaus beschäftigt. (Justwatch)
Michelangelo Frammartinos IL BUCO (2021) hadert: Der Versuch etwas zu verstehen, zu durchdringen ist auch immer mit einem Eindringen verbunden und hat invasive sowie übergriffige Qualitäten. Das löst unweigerlich eine Gegenreaktion des Gegenstands der Betrachtung aus, provoziert sie mitunter auch bewusst – und zieht so bereits die erste Ebene der Diffusion ein. (Justwatch)

Jerzy Skolimowskis EO (2021) erklärt sich fast von selbst, weil Esel nicht sprechen können 😅 Jedes Motiv – sei es in der Sommersonne oder im harschen Winter – strahlt eine einnehmende Wärme aus, durch ich mich direkt auf jeder Etappe des Esels angekommen gefühlt habe – ganz unabhängig von Traurigkeit und Tristesse der eingefangenen Momente. Das hat es mir umso leichter gemacht, mich auf diese Geschichte über Sehnsucht, Zugehörigkeit und Liebe einzulassen. (Justwatch)

Helena Wittmanns HUMAN FLOWERS OF FLESH (2022) ist eine nette postkoloniale Sinnsuche, bei der man die Einflüsse zunächst sehr deutlich spürt und schließlich auch sehr deutlich sieht. Geht aber gut auf – auch als Companion-Piece zu BEAU TRAVAIL. (Justwatch)
