Gesehen: Femme (2023)

Zu Beginn habe ich nicht damit gerechnet, wie sich dieser Film entfaltet und wie mich das packt, mit welchem Gespür für die überaus komplexe Gefühlslage er das verhandelt, was hier erst brodelt und dann hervorbricht.
Es gibt hier so viel aufzudröseln mit Blick auf diese verhärtete Kultur, die nicht nur nichts anderes als Heterosexualität, binäre Geschlechterordnung, Machismo und hegemoniale Männlichkeit kennt, sondern auch gar nichts anderes zulässt und den Status quo akribisch pflegt. Nichts ist hier lediglich Nebenprodukt anderer struktureller Probleme, sondern das Ziel jedes Handelns aus dem Zweck heraus, sich über andere Menschen stellen zu können.
Wie soll jemand, der Teil dieser Kultur ist, jemals offen zu seiner Homosexualität gegenüber anderen, aber vor allem vor sich selbst stehen können? Und warum sind es queere Menschen, die unter mehr unter diesem Zwiespalt leiden müssen, als die Menschen, die es eigentlich betrifft?
Glücklicherweise gibt sich der Film dafür nicht der Täterperspektive hin, sondern erzählt diese Gegenstände immer durch die Linse des von queerfeindlicher Gewalt betroffenen Menschen. Er erzählt mit Empathie, macht sich jedoch nie mit dem Täter gemein und heiligt nicht blinde Rache. Er begibt sich selbstbewusst in die zahlreichen Grauzonen, gibt dabei aber nie seine Moral auf.
Mir hat außerdem die inszenatorische Dynamik gefallen, die sich oft an Tiktok- und Youtube-Ästhetiken bedient – jedoch nie aus einem anbiedernden Zwang heraus, sondern weil das einfach eine Welt ist, in der auch die Figuren dieser Geschichte zu Hause sind. Diese Energie fühlt sich einfach sehr wahrhaftig und authentisch an.
★★★★☆
Der Film steht noch bis zum 02. März 2025 in der ZDF-Mediathek:
