Gesehen: Die Ermittlung (2024)

Die Statik des Ganzen, die Reduktion auf allen Kanälen hat mir wirklich gut gefallen? Denn wie fehl am Platze wäre hier eine überdramatische Inszenierung, bei der die Darsteller*innen auf Teufel komm raus auch für die sinnbildlich hintersten Ränge spielen? Deshalb irritiert es hier auch so sehr, wenn plötzlich Darsteller*innen mit spürbar nuancierterem Spiel, als wir von deren Kolleg*innen sehen, ans Mikrofon treten. So entsteht die ein oder andere Unwucht.
Als ziemlich zuträglich hat sich für mich das strikte Festhalten an dieser klaren Aktstruktur erwiesen. Denn das raubt der Geschichte nicht die schreckliche Dimension, verhindert aber, sich von ihr überwältigen zu lassen. Hier wird sich die Zeit genommen, Dienststube für Dienststube, Baracke für Baracke, Krematorium für Krematorium herauszuarbeiten, wie diese deutsche Maschinerie des Todes funktioniert hat, was geschehen sein muss.
Die schiere Wiederholung von Aussagen, Zuschreibungen, Beobachtungen und Ausflüchten lässt immer klarer ein perfides wie perverses System durchscheinen. Es sind die Überlebenden, die diese Geschichte erzählen dürfen. Die Täter können praktisch keine eigenen Narrative setzen – und wenn doch, dann werden sie umgehend dekonstruiert.
Es zeigt die Scheinheiligkeit, tief sitzende Unsicherheit und Brüchigkeit der Naziideologie, der Selbstbezeichnung als unfehlbare Herrenrasse mit globalem Anspruchsdenken. Dieser nach außen getragenen Überzeugung diametral entgegen steht die Realität, in der die Nazis überall Mechanismen verankerten, um im Fall einer Niederlage die eigenen Gräueltaten abstreiten und sich die Hände in glaubhafter Abstreitbarkeit reinwaschen zu können.
Absurderweise habe ich während der knapp vier Stunden DIE ERMITTLUNG immer wieder an die Bühneninszenierung O von Cirque du Soleil gedacht, von der ich bei Arte mal eine Aufzeichnung gesehen habe. Denn beide Werke sind in ihrer Gesamtheit sicherlich beeindruckend. Nur kann eine Aufzeichnung diese Gesamtheit nie sonderlich effektiv transportieren und kann sich ihr nur durch Montage nähern. Dadurch geht, glaube ich, viel verloren.

Der Film steht noch bis zum 25. Februar 2025 in der Arte-Mediathek: