Gesehen: Sometimes I Think About Dying (2023)
Was dem Film sehr gut gelingt, ist die feinen Nuancen der Sicht einer depressiven Person auf sich selbst und die Welt einzufangen. Es sind die negativen Grundüberzeugungen, die in letzter Konsequenz zu sozialer Isolation und Vereinsamung führen. Es ist die Angst, für vermeintliche Fehler gehasst zu werden, aus der krankhafte Vermeidung entwächst und eine selbst erfüllende Prophezeiung wird.
Der Stoff widmet sich dazu der „Theorie“, dass die depressive eher einer realistischen Weltsicht entspricht und die „normale“ Sicht eine verklärte ist. Wir sehen diese Hamsterräder, diese Mühlen, in denen die Menschen einfach den Großteil ihres Lebens stecken. Einen selbstwirksamen und sinnstiftenden Job zu haben, ist Luxus und die Ausnahme. Viel eher existiert man dann in einer abstumpfenden Suppe bis zum Ruhestand vor sich hin, unterhält sich zunehmend über Nichtigkeiten, um nicht endgültig den Verstand zu verlieren und kann dann nicht mal die Rente genießen – weil man sich selbst aus den Augen verloren hat, weil das Geld nicht reicht und/oder weil die psychische und/oder physische Gesundheit nicht mehr mitspielt. Es ist also nur folgerichtig, depressiv zu werden.
Es wirkt wie Glück beim Griff in den hirnchemischen Lostopf, wenn Menschen sich damit irgendwie arrangieren können und die Kraft sowie den Raum haben, ihre komplette emotionale Erfüllung abseits der monotonen Mühlen des Broterwerbs zu finden.
Nur an die Systemfrage traut sich der Film nicht mal annähernd. Warum diese Zustände hinnehmen und nicht untergraben? Der Film resigniert angesichts dieses Elefanten im Raum, was die ganze Gemengelage in die Belanglosigkeit kippen lässt.
★★★☆☆