Gesehen: Girls State (2024)

Gesehen: Girls State (2024)
(c) Apple TV+

Ich will hier gar nicht erst damit anfangen, die Vergleiche zu BOYS STATE zu ziehen. Denn das ist der maximal uninteressanteste Einfallswinkel für die Betrachtung von GIRLS STATE. Dem Film gelingen genug interessante und davon losgelöste Beobachtungen.

Ein großes übergeordnetes Thema sind sicherlich Rollenbilder, in die die jungen Frauen gezwungen werden, in die sie sich selbst zwingen oder denken zwingen zu müssen. Wenn Emily Worthmore, die sich um den Posten der Gouverneurin bewirbt, in Tränen ausbricht, weil sie am Buffet ihren Teller fallenlässt, dann ist das natürlich Ausdruck des immensen Drucks, unter dem sie steht – jedoch nicht (nur) innerhalb des Planspiels, sondern viel mehr im alltäglichen Leben. Für viele der jungen Frauen scheint das (eigentlich sehr ernste und strapaziös anmutende) Spiel sogar eine willkommene Auszeit davon ist, in der „echten“ Welt immer die richtige Maske zu wählen.

Emily Worthmore ist eine sehr faszinierende Figur – für mich, weil sie immer von sich behauptet, so konservativ und gläubig zu sein, aber sich praktisch nie inhaltlich positioniert. Mein Verdacht ist hier, dass sie einfach ihr noch junges Leben lang regelrecht indoktriniert wurde, sie nun realisiert, dass „konservativ“ und „gläubig“ leere Worthülsen sind und nun für sich erstmal herausfinden muss, mit welchen eigenen Werten sie diese Hülsen füllen will.

Deshalb ist es dem Film auch hoch anzurechnen, dass Emily nicht als die verkümmerte konservative Stimme porträtiert wird, die in dieser Welt nichts zu suchen hat. Stattdessen ist es ihre Entwicklung, die den Epilog schreibt und das Erarbeiten von Überzeugungen sowie tatsächliche politische Willensbildung zeigt.

Aus handwerklicher Sicht hat der Dokumentarfilm jedoch ein riesiges Problem: Er entwickelt keine kritische Distanz zu dem von ihm begleiteten Planspiel. Letztlich ist der Film nämlich nah dran, dieses Spiel als kleine Insel der – wenn auch nicht gänzlich fehlerfreien – Utopie zu zeichnen. Dass Politik jedoch nicht nur innerhalb eines Zwei-Parteien-Systems gemacht, gesellschaftlicher Wandel oft auch auf ganz anderen Wegen angestoßen wird und es durchaus eine Option ist, das gesamte System zur Debatte zu stellen und es nicht bloß als notwendiges Übel zu betrachten, vergisst der Film – oder will es nicht zeigen.

US, R: Jesse Moss, Amanda McBaine, Trailer, Wikipedia
Girls State - Stream: Jetzt Film online finden und anschauen
Gibt es Girls State auf Netflix, Prime Video, WOW, AppleTV+ oder Disney+ und co legal? Jetzt online Stream finden!

Read more