Gesehen: Parthenope (2024) - Klassen(un)bewusstsein
FilmkritikPaolo Sorrentinos Obsessionen sind nicht unproduktiv, aber eben auch abgegriffen
Diese Obsession mit Jugend, Schönheit und Wohlstand hat nicht nur etwas mit Paolo Sorrentinos Neapel zu tun, sondern erst mal auch ganz pragmatisch mit notwendiger Klassenkritik.
Die Figur der Parthenope ist der fleischgewordene Ausdruck fehlenden Klassenbewusstseins. Sie erkennt zwar das Abhängigkeitsverhältnis, in dem sie und ihre Familie zum Comandante stehen, scheint aber die eigene gehobene Stellung weitestgehend zu verkennen oder zumindest praktisch nicht zu reflektieren.
Parthenope wandelt durch die Armen- und Arbeiter*innenviertel Neapels wie durch das Rotlichtviertel von Amsterdam – also wie entlang einer Reihe von Schaufenstern, in denen sich das Prekariat anbietet, an deren ökonomischer Abseitsstellung man sich ergötzen kann, ohne sich selbst die Finger „schmutzig" zu machen.
Es lässt sich vortrefflich darüber streiten, ob diese Ignoranz nicht ähnlich schwer wiegt wie die unbestreitbare gesellschaftliche Macht von etwa Mafia und Kirche. Also die Ohnmacht der bildungsbürgerlichen Mittelschicht ob der moralischen Verkommenheit der Oberschicht, die gar nicht erst versucht, daraus einen Hehl zu machen.
Aber: Gefühlt erzählt uns das Sorrentino schon zum fünfzehnten Mal, nur in einem leicht anderen Gewand. Seine Themen sind längst nicht ausverhandelt – ganz im Gegenteil. Nur er scheint so langsam mit seinem Latein am Ende zu sein und nicht mehr viel Produktives beitragen zu können.
★★½☆☆
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