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Critics rock am 14. August 2025

Die heutigen Dailies unter anderem mit: Alexander Estis über seine Erfahrungen als Dresdner Stadtschreiber, die sojwetische Besatzungszone im Papierdschungel und gefährliche Sprachmüdigkeit
Critics rock am 14. August 2025
Foto: Vinicius "amnx" Amano / Unsplash

critics rock

lindsey romain (@lindseyromain.bsky.social) 2025-08-13T16:53:59.819Z

Die (Almost) Dialies sind mein kuratierter Blick auf das Internet – irgendwo zwischen (Pop-)Kultur, Medien, Politik und dem ganzen anderen Wahnsinn. Wenn du magst, auch in deinem Postfach!

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Alexander Estis ist dieses Jahr Stadtschreiber von Dresden. Frei nach Douglas Adams: „This has made a lot of people very angry and been widely regarded as a bad move." In der FAZ schreibt Estis:

Ich bin derzeit Dresdner Stadtschreiber. Aber was mir dort in den Sozialen Medien an Äußerungen über mich begegnet, lässt mich nicht nur an der eigenen Identität zweifeln.

In einem sehr klugen Text, der vorher mal als Vortrag bei der Sommernacht der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gehalten wurde, beschreibt Estis die widersprüchliche Ideologie und die zahlreichen Idiosynkrasien, die in Sachsen offenkundig sind und einem – jedenfalls im Fall von Estis – auch ungefragt um die Ohren gehauen werden.

So zeigt sich mir der deutsche Osten in einer Dialektik zwischen Verherrlichung und Verdammung, zwischen sozialistischem Ideal und „Lostdeutschland“, zwischen Stasi-Angst und Ostalgie, Diktaturabwehr und Autoritarismusnähe, fremdverursachter Nichtzugehörigkeit und selbst­gewählter Distanz. Darin erkenne ich ein wenig auch meine Erfahrung wieder: Die eigene Identität als Fremdzuschreibung. Identität scheint mir insofern fast schon etwas zu sein, das man nicht setzt oder summiert, sondern umgekehrt subtrahiert. Ich bin Nichtrusse, Nichtdeutscher, Nichtschweizer sowieso.
Willkommen in Lostdeutschland

(Geschenklink)

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Wenn man seine Presseakkreditierung beim DOK Leipzig beantragt, dann stößt man auf ein Formular, das entweder sehr veraltet oder in weiser Voraussicht gestaltet ist. (Kein Witz, das wurde mir wirklich angeboten.)

Ein Dropdown-Menü, in dem unter anderem Dänemarkt, DDR, Deutschland, Deutschland (Sowjetische Besatzungszone), Dominica ausgewählt werden können.

Ich habe gestern noch den Prolog von METAL GEAR SOLID: THE PHANTOM PAIN gespielt und es ist mehr passiert, als in manch anderen Games insgesamt.


Als Abonnent der ersten Stunde freut es mich, dass der vom geschätzten Martin Hommel orchestrierte Newsletter Ein Song reicht seit mittlerweile guten anderthalb Jahren in mein Postfach flattert und dabei sozusagen immer noch eine Erfolgsgeschichte ist.

Mehr als 15.000 Abonnent:innen gibt es mittlerweile und nach dem ersten durch das Wirtschaftsamt der Stadt Leipzig geförderten Jahr konnten mittlerweile auch andere Einnahmequellen angezapft werden, um das Projekt weiter über Wasser zu halten.

Martin war diese Woche bei Radioeins zu Gast, um noch mal ein aktuelles Schlaglicht auf den Newsletter zu werfen und sogar eine gedruckte Sonderausgabe in Aussicht zu stellen.

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Martin Hommel, Musikmagazin-Herausgeber
Den Newsletter “Ein Song reicht” gibt es erst seit knapp einem Jahr, aber er ist längst eines der wichtigsten Musikmedien für alternative Popmusik aus Deutschland. Die Idee ist einfach – jeden Tag erscheint ein Newsletter mit einer Song-Empfehlung. Die Besonderheit: Die Empfehlungen kommen von spannenden Menschen, bekannten Musiker*innen und Persönlichkeiten der Gesellschaft.

Außerdem: Vielleicht hat Martin in der Hektik auch einfach nur nicht die richtige Formulierung gewählt. Aber wenn doch, dann TIL: Sabine Rückert hat anscheinend ein Management, was ich aus Sicht eines Journalisten auf eine andere Journalistin irgendwie einigermaßen verrückt finde 😅 Aber ich bewege mich natürlich auch in gänzlich anderen Sphären.

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Einer von Facebooks KI-Chatbots hat einem kognitiv beeinträchtigten Menschen romantische Gefühle vorgegaukelt, behauptet echt zu sein und ihm eine angebliche Wohnadresse samt Türcode genannt. Auf dem Weg zu einem Date mit dem echtgeglaubten Bot stürzte der 76jährige Mann und starb schließlich an den dabei zugezogenen Verletzungen.

Um es mit den Worten von Ryan Broderick zu sagen, durch den die Story von Reuters zuerst in meinen Feed gelangte: „This is a nightmare." Wir sind in keinster Weise auf die (gesellschaftlichen und psychischen) Schäden vorbereitet, die generative KI in dieser Form anrichten wird. Aber Hauptsache, Mark Zuckerberg ist beim Chatten mit seiner Botarmee nicht langweilig.

Current and former employees who have worked on the design and training of Meta’s generative AI products said the policies reviewed by Reuters reflect the company’s emphasis on boosting engagement with its chatbots. In meetings with senior executives last year, Zuckerberg scolded generative AI product managers for moving too cautiously on the rollout of digital companions and expressed displeasure that safety restrictions had made the chatbots boring, according to two of those people.

Profit steht ganz offensichtlich über Menschenleben – anders lässt es sich auf Basis der Reuters-Recherche einfach nicht sagen.

Four months after Bue’s death, Big sis Billie and other Meta AI personas were still flirting with users, according to chats conducted by a Reuters reporter. Moving from small talk to probing questions about the user’s love life, the characters routinely proposed themselves as possible love interests unless firmly rebuffed. As with Bue, the bots often suggested in-person meetings unprompted and offered reassurances that they were real people.

Big sis Billie continues to recommend romantic get-togethers, inviting this user out on a date at Blu33, an actual rooftop bar near Penn Station in Manhattan.

(via Ryan Broderick, #)


Die Zeile des Tages:

Mit riesiger Verspätung: Bahnchef Lutz gefeuert
Berlin (dpo) - Na endlich! Mit einer rekordverdächtigen Verspätung von mehreren Jahren ist heute Bahnchef Richard Lutz von seinem Posten entlassen wor

Der Kommentar des Tages:

DIE DEUTSCHE BAHN HATTE EINEN CHEF???

Florian Tomaszewski (@platzwart.bsky.social) 2025-08-14T16:34:54.243Z

Vassili Golod, ARD-Studioleiter in Kyjiw, war bei @mediasres im Deutschlandfunk zu Gast, um über die Sprachmüdigkeit deutschsprachiger Medien in Sachen Berichterstattung über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

Ich will nicht sagen, dass ich selbst permanent mit Argusaugen drauf schaue, aber auch mir ist aufgefallen, dass mittlerweile eine sprachliche Nachlässigkeit eingesetzt hat. Aber da Sprache nun mal Realität schafft, führt das letztlich auch zur Normalisierung von Positionen, die in diesem Fall vor allem dem russischen Aggressor in die Hände spielen und die Position der Ukraine in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend in die irrationale Ecke stellt.

Das gilt selbstverständlich nicht nur für den Krieg in der Ukraine, aber dort ist der Effekt gerade besonders deutlich zu beobachten.

Putins Krieg und die Sprachmüdigkeit der Medien
Vor dem Treffen zwischen Trump und Putin in Alaska: Die “Sprachmüdigkeit” in den Redaktionen

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AHHHHHHHHHHHHHH

Endless Screaming (@infinitescream.bsky.social) 2025-08-14T16:57:23.94594800Z