Gesehen: Exil (2020) - In den Eingeweiden des Ungeheuers

Mišel Matičević spielt einen Menschen, der als Reaktion auf gemachte Erfahrungen nicht unbedingt blind geworden ist für den Kontext, in dem er lebt, sondern ihn aus Selbstschutz und einer Art Selbstverteidigungsreflex ausblendet – bewusst und unbewusst.
Daraus entwächst eine Paranoia inmitten eines Umfelds, in dem Matičevićs Figur die Wände aus allen denkbaren Richtungen immer näher kommen sieht – auch, weil er zunehmend davon überzeugt ist, mit seiner bloßen Existenz andere zu provozieren und herauszufordern.
Genial damit Hand in Hand geht die Szenerie, gehen die schier endlosen, verzweigten, tristen, trostlosen, labyrinthartigen (und offensichtlich unklimatisierten) Gänge dieses Pharma-Komplexes, die sich zunehmend albtraumhafter anfühlen – oder sogar wie die Eingeweide eines viel größeren Monstrums, in denen sich die Menschen ihrem Schicksal ergeben durch die Windungen drängen lassen.
Doch bei aller Bildstärke verstolpert sich der Film an anderer Stelle auch. Der Versuch, den uns zuvor aufgezeigten Erfahrungshorizont noch einmal aufzubrechen, verfolgt das Ziel, die Komplexität der Welt aufzuzeigen und sich einer Erzählung ohne Zwischentöne zu verweigern. Doch auf diesem engen Raum, der schließlich noch zur Verfügung steht, nimmt das fast schon relativierende Züge hinsichtlich Diskriminierungs- und Mobbingerfahrungen an.
Das ist besonders schade, weil ich nicht den Eindruck habe, dass der Film darauf hinaus möchte. Aber der Effekt hat sich für mich nun mal eingestellt.
★★★☆☆
Der Film steht noch bis zum 18. August 2025 kostenlos in der Arte-Mediathek:


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