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Samira El Ouassil übers Reisen und Pressefreiheit: „Der Tourist darf überall sein, die Wahrheit nicht"

Vielleicht hat es einen nicht ganz so guten Grund, warum unsere Sehnsuchtsorte aus der Ferne so schön wirken...
Samira El Ouassil übers Reisen und Pressefreiheit: „Der Tourist darf überall sein, die Wahrheit nicht"
Foto: Collin Croome / Unsplash

„Der Tourist darf überall sein, die Wahrheit nicht", meint Samira El Ouassil bei @mediasres im Deutschlandfunk. In ihrer Kolumne denkt sie über das Verhältnis zwischen Tourist*innen und der Pressefreiheit an deren Sehnsuchtsorten nach. Die hielten wir nämlich vielleicht gerade deshalb für so schön, weil es dort niemanden mehr gibt, der über das Unschöne berichten kann.

Das finde ich einen spannenden Gedanken, der mir noch einmal eine weitere Perspektive eröffnet hat. Als Journalist habe ich natürlich schon mal darüber nachgedacht, ob ich (noch) Urlaub in China, der Türkei oder nun den USA machen würde – aber eher aus dem Beweggrund heraus, diese politischen Systeme nicht auch noch zusätzlich finanziell zu speisen.

Dabei geht es bei so einer Entscheidung offenkundig um so viel mehr. Samira El Ouassil:

Denn der Tourist, das zeigte der französische Ethnologe Marc Auger in seinen Betrachtungen über das Reisen und über die Nichtorte, bewegt sich durch Räume, die zwar geografisch existieren, kulturell jedoch entspannt sind – Hotelanlagen, Flughäfen, Beachclubs, Transitorte ohne Gedächtnis. Sie sind darauf ausgelegt, keine Fragen aufzuwerfen, sondern nur eine Sehnsucht zu befriedigen. Und genau diese Logik ist es, die politische Repression verdeckt und damit mitträgt. Es ist nicht das Reisen an sich, das problematisch ist, sondern die touristische Wahrnehmungslücke, die uns die Realität einfach aus dem Blickfeld photoshoppt.

Wir machen uns als Tourist*innen also gewissermaßen mitschuldig an einer groß angelegten Verdrängungs- bzw. Reinwaschungskampagne, die die Menschen vor Ort mundtot und ungesehen machen soll.

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