Gesehen: Was man von hier aus sehen kann (2022) - Versöhnliche Morbidität

Gesehen: Was man von hier aus sehen kann (2022) - Versöhnliche Morbidität
Foto: Studiocanal, Plaion Pictures

Mehr als von dessen Existenz weiß ich nicht über die Romanvorlage. Deshalb hat mich die morbide Dimension des Ganzen eiskalt erwischt und sofort wieder versöhnlich gestimmt, bevor ich aufgrund einiger halbgarer Wes-Anderson-Manierismen am Anfang des Films schon gedanklich auschecken wollte.

Wie radikal hier Menschen vom Bus überfahren, Hunde von herabfallenden Ladenschildern geköpft und übergriffige Jäger durch das Ansägen ihres Hochsitzes ermordet werden sollen, das ist im Kontext dieser Welt in seiner Absurdität einfach urkomisch.

Doch dann ist der Film auf der anderen Seite unfassbar rührselig. Zwar kenne ich, wie gesagt, die Romanvorlage nicht, aber ich erkenne zumindest die klar erkennbaren Fehler beim Übersetzen von Buch zu Film. Es ist eben nicht einfach damit getan, die literarischen Überhöhungen einfach so in ein Drehbuch zu gießen, denn Film funktioniert nach gänzlich anderen ästhetischen Regeln. Ein poetischer Satz, der gedruckt auf einer Seite steht, daher lesend rezipiert und vor dem geistigen Auge lebendig wird, ist ohne Anpassung auf filmischer Ebene eben tonnenschwerer Schmalz auf einer winzigen Brotscheibe.

Die filmische (lies: zeitliche) Verdichtung des Geschehens sorgt außerdem dafür, dass die Grenze zur Einfalt ziemlich oft ziemlich deutlich überschritten wird. Was eigentlich das Herz am rechten Fleck hat, verkommt hier weitestgehend zu ziemlichen No-Brainer-Glückskeks-Botschaften.

Was in diesem Rahmen aber wiederum recht gut funktioniert, sind die Darsteller:innen die sehr ausgelassen und ekstatisch überhöht ihrem Spieltrieb relativ freien Lauf lassen können, weil ihre Figuren von einem Extrem ins nächste und wieder zurück rutschen.

★★½☆☆

🇩🇪, R: Aron Lehmann, D: Luna Wedler, Corinna Harfouch, Karl Markovics, Rosalie Thomass, Benjamin Radjaipour, Peter Schneider, Ava Petsch, Cosmo Taut, Hansi Jochmann, Johannes Allmayer, Katja Studt, Jasin Challah, Golo Euler, Thorsten Merten, Trailer, Letterboxd, Wikipedia, Foto: Studiocanal, Plaion Pictures

Der Film steht noch bis zum 30. Juli 2025 kostenlos in der ARD-Mediathek:

Was man von hier aus sehen kann - hier anschauen
Spielfilm Deutschland 2022 Die achtjährige Luise (Ava Petsch) lebt mit ihrer Mutter (Katja Studt) und ihrer Oma Selma (Corinna Harfouch) im Westerwald. In ihrem Dorf haben einige Nachbarn so ihre Eigenarten. Der Optiker (Karl Markovics) fängt jeden Tag einen Liebesbrief an und schickt ihn nie ab. Die missmutige Marlies (Rosalie Thomass) braucht für ihre schlechte Laune keine Ursache, und die abergläubige Elsbeth (Hansi Jochmann) beherbergt ständig buddhistische Reisegruppen. In Sachen Eigentümlichkeit stehen Luise und Selma keinem etwas nach. Wenn die zuweilen verhuschte Enkelin etwas erzählt, was sie selbst nicht glaubt, fällt etwas von oben herunter. Und bei ihrer Oma wird es richtig unheimlich, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint. Dann, daran gibt es im Dorf keinen Zweifel, geschieht ein Unglück! Als der Seherin der so freundlich dreinschauende Paarhufer erscheint, kommt es tatsächlich zu einem Ereignis, das ihrer Enkelin bis ins Erwachsenenalter nachgeht. Erst als die inzwischen 22-jährige Luise (Luna Wedler) den buddhistischen Mönch Frederik (Benjamin Radjaipour) kennenlernt, beginnt sie sich neu auf das Leben einzulassen. Mit Corinna Harfouch, Luna Wedler, Karl Markovics, Ava Petsch, Cosmo Taut u.a. | Buch: Aron Lehmann | Regie: Aron Lehmann
Was man von hier aus sehen kann - Stream: Online anschauen
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A ★★½ review of What You Can See from Here (2022)
Mehr als von dessen Existenz weiß ich nicht über die Romanvorlage. Deshalb hat mich die morbide Dimension des Ganzen eiskalt erwischt und sofort wieder versöhnlich gestimmt, bevor ich aufgrund einiger halbgarer Wes-Anderson-Manierismen am Anfang des Films schon gedanklich auschecken wollte. Wie radikal hier Menschen vom Bus überfahren, Hunde von herabfallenden Ladenschildern geköpft und übergriffige Jäger durch das Ansägen ihres Hochsitzes ermordet werden sollen, das ist im Kontext dieser Welt in seiner Absurdität einfach urkomisch. Doch dann ist der Film auf der anderen Seite unfassbar rührselig. Zwar kenne ich, wie gesagt, die Romanvorlage nicht, aber ich erkenne zumindest die klar erkennbaren
André Pitz

André Pitz

journalist by trade, cinephile at heart
Leipzig, Germany