Gesehen: I Was Born, But… (1932) - Stummes Klassenbewusstsein
Das Echo ist trotzdem bis in unseren Spätkapitalismus hinein zu hören.

Klassenbewusstsein und die kritische Auseinandersetzung mit autoritären Strukturen, die sich unter anderem aus ökonomischen (Abhängigkeits-)Verhältnissen ergeben und unhinterfragt verstetigen, das beschäftigt Ozu hier.
Die Figur des Vaters ist die Verkörperung von einer Unterwerfungssucht, die auch heute noch im Spätkapitalismus widerhallt. Dieser Mann geriert sich selbst außerhalb des Arbeitskontextes regelrecht als Diener seines Chefs. Er verspricht sich davon beruflichen und in der Folge gesellschaftlichen Aufstieg, ohne zu erkennen, dass er für seinen Chef nicht mehr als eine innerhalb eines Wimpernschlags austauschbare Gestalt ist und immer bleiben wird.
Inmitten dieses Elends erleben wir den Film und im übertragenen Sinne das Kino als egalisierendes Element in einem von größter Ungleichheit geprägten Gefüge. Klar, besonders die ökonomische Ungleichheit wird dadurch natürlich nicht aufgelöst. Der Film bringt dennoch Menschen unterschiedlichster Klassen immerhin in einem Raum zusammen.
Was jedoch auch parallel mitgedacht werden muss: Viele Lacher über die gezeigten Homevideos gehen auf Kosten des Vaters. Für seine beiden kleinen Söhne ist das ein Schlüsselmoment, denn sie erkennen, dass es kein Entkommen aus diesen ungleichen Strukturen gibt, solange das Spiel mitgespielt wird. Die Kinder haben einen wesentlich klareren und progressiveren Blick nach vorne als ihr Vater. Darin liegen viel Hoffnung und Optimismus.
★★★★☆
