Gesehen: Autobiografia di una Borsetta (2025) - Die reaktionäre Handtasche
Werbung bleibt nun einmal Werbung

Ich habe vorher einfach nicht aufmerksam genug gelesen und war dann einigermaßen irritiert, als relativ schnell klar wurde, dass das hier ein Werbefilm ist. Dennoch gab es einiges an Reibungsfläche, an der man sich abarbeiten kann.
Einerseits gelingt Joanna Hogg eine Art persiflierendes Unterlaufen der Marke, in deren Auftrag diese Vignetten inszeniert wurden, und der absurden Maschinerie, die sich Designermode nennt. Wenn die Protagonistin, eine Handtasche, ausgepackt wird, dann sehen wir das aus ihrer Perspektive und wie ein Kind, das sich durch den Geburtskanal seinen Weg nach draußen bahnt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Inszenierung findet also schon statt.
Andererseits trieft diese knappe halbe Stunde nur so vor Anmaßung, Konservatismus und reaktionären Motiven.
Noch in Ordnung ist das Leben der Tasche bei der sorgenfreien Oberklasse im barocken Anwesen. Später landet sie in der Wohnung eines Sozialwohnungskomplexes, wo natürlich Klischees regieren und Menschen prinzipiell keine guten Momente haben dürfen. Von dort geht es weiter in die Hände von zwei (mutmaßlichen) Sexarbeiterinnen, die selbstverständlich kriminell sind.
Die letzte Station der Tasche ist eine Gruppe von gesellschaftlich Randständigen, die ihr den Wert von Freiheit vermitteln. Das ist natürlich blanker Hohn, da eine sündhaft teure Designerhandtasche natürlich weder Freiheit schafft noch in einer Welt frei von Zwängen existieren kann. Die reine Existenz dieser billig und vermutlich unter nicht gänzlich menschenwürdigen Umständen zusammengenähte Tasche mit einem derartigen monetären Wert, hat mit vielem zu tun, aber auf keinen Fall mit Freiheit.
Der ganze Kurzfilm auf Youtube:
