Gesehen: Zielona granica (2023)
Agnieszka Holland redet nicht um den heißen Brei herum, benennt kaputte Mechanismen, Fehler im System, rechtsextreme Arschlöcher und den menschenfeindlichen Diktator Alexander Lukaschenko, ohne dabei auch nur eine Sekunde in sperriger Didaktik zu versumpfen. Gleichzeitig schafft es Holland auch weitestgehend, die Geflüchteten und deren Geschichten nicht für eine Art geopolitischen Thriller auszubeuten.
Stattdessen fokussiert sie die Energie ihres Films darauf, wozu Menschen fähig sind – zu Empathie, Rechtschaffenheit, Reue und großes Leid für geliebte Mitmenschen auszuhalten, trotz aller Widrigkeiten zu überdauern, aber auch zu Gewissenlosigkeit, Sadismus, Neid und Hass.
Durch die multiperspektivische Erzählung von Geflüchteten, Zivilgesellschaft und Grenz-"Schutz" braucht der Film jedoch ziemlich lang, um in die Gänge zu kommen, bis der Dominostein am großen Motiv angekommen, der Rhythmus gefunden ist und sich aus dem Wirrwarr der Katastrophen ein produktives Bild ergibt.
Außerdem: Ich kann mit bewussten Entscheidungen für Schwarz-Weiß-Bilder in der Regel viel anfangen. Aber hier ist das der Erzählung irgendwie nicht gerecht geworden. Es hat sich für mich angefühlt, als ob dadurch jede Menge Energie einfach verpufft ist – besser kann ich es noch nicht in Worte fassen.
★★★½☆