Gesehen: Jugend - es ist kompliziert (Staffel 1, 2024)
Stefan Stuckmann of Eichwald, MdB-Fame hat eine neue Serie namens Jugend - es ist kompliziert. Seit ein paar Tagen steht sie bereits beim ZDF in der Mediathek und ich habe sie mir komplett angesehen. Thomas Schubert ist sowieso immer ein gutes Argument für etwas. Seine Figur ist mein Highlight der Serie – und das nicht nur, weil ich viel von ihm bei aller Überzeichnung auch in mir sehe. Zuallererst macht es nämlich einen Heidenspaß, ihm beim Spielen zuzuschauen. Schubert bewegt sich mit einer unglaublichen Leichtigkeit zwischen einer intentionalen Künstlichkeit und lockeren Natürlichkeit hin und her. Eigentlich gilt das auch für den restlichen Cast – Sarah Gailer, Eli Riccardi und Leon Ulrich –, der wirklich spot on ist.
Klar, Jugend - es ist kompliziert soll in erster Linie locker unterhalten. Aber sollte nicht ausschließen, gleichzeitig auch größere Ambitionen zu verfolgen. Unterm Strich eignet sich die Serie ein bisschen zu sehr die Ziellosigkeit ihrer Figuren an.
Die Beobachtungen hinsichtlich der Untiefen permanenter Selbstreflexion, der Hyperpolitisierung jedes Lebensbereiches und ganz besonders der Lebensrealität zahlreicher Millennials sind treffend und klug. Für mich entwächst der Humor hier auch nicht aus einem abschätzigen Blick auf diese Tatsachen, sondern aus dem Spannungsfeld zwischen dem Erkennen der eigenen und systemischen Unzulänglichkeiten auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Erkenntnis, trotzdem nicht aus seiner Haut zu können.
P.S.: Die Serie benutzt offenkundig mithilfe von generativer KI generierte Bilder, um Szenen zu trennen. Die Vermutung würde aufgrund der Ästhetik der Bilder auch nicht sonderlich fern liegen. Nur ist das hier keine Vermutung, sondern ein Fakt. Macher Stefan Stuckmann hat im Juni bei Vollbild im Deutschlandfunk Kultur mit Patrick Wellinski auch darüber gesprochen, wie und warum sie DALL·E von OpenAI für diese Bilder benutzt haben.
Patrick Wellinski: In der Serie gibt es KI-generierte Schnittbilder, also Bilder von Tauben mit aufgerissenen Augen, torkelnde Menschen, Geister, kopflose Wesen über abgestellten Sofas. Wieso diese KI-Bilder?
Stefan Stuckmann: Tatsächlich ganz platt haben wir einfach nur nach Bildern gesucht, mit denen wir die Szenen trennen können, weil das einfach ein klassisches Problem in Sitcoms ist. Man ist immer nur im Studio, man ist fast nie draußen, selbst wenn man draußen ist, ist es eigentlich Studio. Und wir haben ewig drauf rumgekaut, wie geht man damit um. Bei uns war klar, wir haben zu wenig Geld.
Die eigentliche Antwort ist noch etwas länger, aber ich habe sie hier auf das eingekürzt, was mir extrem sauer aufstößt. Aus Budgetgründen ein System zu nutzen, für dessen Konstruktion unentgeltlich und ungefragt Werke anderer Kunstschaffender genutzt worden sind und wahrscheinlich immer noch werden, ist moralisch verwerflich. Die letztlich doch sehr einfache Rechnung geht so: Künstler*in erschafft Werk -> OpenAI „klaut“ Werk, um DALL·E zu trainieren -> Dritte nutzen mit DALL·E generierte Bilder für eine Serie, für die sie bezahlt werden. Hier wird sich an den Werken anderer bereichert.
Stefan Stuckmann erzählt bei Vollbild noch mehr darüber, warum diese Bilder so gut in seine Serie passen. Und ich gebe ihm da absolut recht. Aber der Zweck heiligt nicht die Mittel. Und diese Mittel schon gar nicht.
Stuckmann zufolge könnte es eine zweite Staffel geben, wenn genug Menschen unter 35 Staffel 1 sehen. Ich drücke ihm und dem ganzen Team die Daumen und im Falle eines grünen Lichts mehr besonnenheit hinsichtlich des Einsatzes von DALL·E und Co.
Die Serie steht noch bis zum 06. September 2025 in der ZDF-Mediathek: