Gesehen: 35 Rhums (2008)
So paradox es klingen mag, aber echte Freiheit lässt sich niemals ohne Zwänge und Verbote erreichen. Wer etwa finanzielle Freiheit erlangen möchte, muss sich grob formuliert über Jahre hinweg an den Schreibtisch anketten. Denn vor der finanziellen Freiheit steht der ökonomische und gesellschaftliche Aufstieg – und der gelingt aus einer weniger privilegierten Situation heraus, wenn überhaupt, nur über Bildung.
Die romantische Vorstellung, mit der Dampflok gen Sonnenuntergang zu fahren und dort hinter dem Horizont endlich frei zu sein, ist eine Illusion, weil das eben doch nur auf Schienen funktioniert. Und irgendwann verlernt der Mensch, frei zu sein. Nach Jahrzehnten der abstumpfenden Maloche ohne jeden Raum für Sinnstiftung und selbstwirksame Momente kann der Ruhestand aka die Freiheit wortwörtlich den Tod bedeuten, weil der Mensch im Vakuum nicht überleben kann.
Freiheit ist bei Claire Denis hier nichts inhärent Gutes, sondern ein komplexer Kompromiss zwischen ökonomischen Realitäten, menschlichen Träumen, väterlichen Gefühlen, gebrochenen Herzen und kapitalistischer Ausbeutung.
★★★½☆