Gesehen: Les Quatre Cents Coups (1959)
Es ist so großartig und ansteckend, wie Truffaut diesem kindlichen Spieldrang, dem Freiheitsstreben, der unschuldigen Träumerei von einem unbeschwerteren Leben einen Resonanzraum öffnet und gleichzeitig dieser vom Autoritären durchzogenen, gar zerfressenen Gesellschaft, in der Unbarmherzigkeit nach wie vor mit erzieherischer Disziplin verwechselt wird, ein bitteres Zeugnis ausstellt.
Aber er verkennt auch nicht die ökonomische Realität in Frankreich. Nach Besatzung und Ausbeutung durch die Nazis und den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren standen unterm Strich Generationen, denen kaum noch Raum zum Menschsein, zum Kindsein blieb. Überleben um jeden Preis.
Das ist Teil der Erklärung dieser gesellschaftlichen Zustände, aber keine Entschuldigung. Truffaut opfert dem deshalb niemals die kindliche Perspektive oder relativiert die Träume, Wünsche und Bedürfnisse seiner Hauptfigur. Ein herausragendes Werk.
★★★★½