Gesehen: Taipei Story (1985)

Gesehen: Taipei Story (1985)
(c) Evergreen Film Company

Um genau diesen Moment in der Zeit nachvollziehen zu können, bin ich ein bisschen zu jung. Aber das Gefühl, um das Edward Yang hier immer und immer wieder kreist, steckt im Grunde genommen in jedem von uns. Denn wie begegnet man einer Welt, die immer größer wird, in der es immer weniger Grenzen gibt, in der sich alles immer schneller dreht, es keine Momente des Innehaltens mehr zu geben scheint? Wie schafft man Orte der Reflexion, während der Fahrtwind einem um die Ohren rauscht? Wie sollen bei diesem irren Tempo alte Wunden versorgt oder gar geheilt werden?

Die Frage ist, ob man sich auf den Ritt einlässt oder das Spektakel erstmal an sich vorbeiziehen zu lassen. Die Zurückbleibenden werden jedoch irgendwann unweigerlich von den Hunden gebissen, die Vorpreschenden laufen zunehmend Gefahr, mit Vollgas gegen die nächste Wand zu fahren. Fressen oder gefressen werden inmitten einer Welt voller Ambivalenzen, in der einstige Traditionen und Werte zunehmend an Bedeutung verlieren – zum Guten wie zum Schlechten. Am Ende bleibt erstmal ein Gefühl der Entfremdung, das für einen Moment unüberwindbar scheint und sich schließlich Stück für Stück in Melancholie auflöst.

★★★★☆

TW, R: Edward Yang, D: Chin Tsai, Hou Hsiao-hsien, Wu Nien-jen, Lin Hsiu-Ling, Su-Yun Ko, Trailer, Wikipedia

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