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  • Gesehen: Der Würgeengel. Psalmen und Popsongs

    Die Koproduktion des Schauspiels Leipzig mit dem Schauspielhaus Bochum ist in der Theaterwelt weitestgehend so gut angekommen, dass das von Johan Simons inszenierte Stück ziemlich schnell den Tellerrand der eigenen Szene überwunden hat – und so auch bei mir angekommen ist. Denn bisher war ich immer nur von meiner eigenen romantischen Vorstellung des Theaters fasziniert, konnte dann für mich aber nie einen Zugang in der echten Welt finden. Ich weiß nicht, was gutes Theater sein kann und sollte. Mir fehlt da (noch) der Referenzrahmen. Sich nun aber „getraut“ zu haben, war die absolut richtige Entscheidung.

    Der Würgeengel. Psalmen und Popsongs nach dem Film von Luis Buñuel hat einfach richtig viel Spaß gemacht. Das gemischte Ensemble aus Leipzig (Anne Cathrin Buhtz & Roman Kanonik) und Bochum (Marius Huth & Alexander Wertmann) mit Sandra Hüller als Gastdarstellerin bringt den Stoff mit fast schon anarchischer Qualität auf die Bühne und tanzt leichtfüßig auf dem schmalen Grat zwischen zunehmend entrückter Manie und absurder Komik. Irritiert hat mich nur, dass die Klimametapher die einzige zu sein scheint, die im Stück selbst erklärt wird. Einem Film würde ich sowas zum Vorwurf machen, weil mit derartigen Plumpheiten ein Publikum für dumm verkauft wird.

    Trotzdem: Theater, ich komme mit Sicherheit wieder!

    P.S.: Ist es bei Stückeinführungen üblich, dem Publikum schon vorab eine Interpretationsebene an die Hand zu geben? So lief das jedenfalls bei mir. Nur finde ich, dass einem so Scheuklappen bei der Betrachtung des Stücks aufgesetzt werden und es viel schwerer fällt, das Werk anderweitig zu lesen. Ist es nicht viel spannender, seine eigenen Gedanken zunächst alleine reifen zu lassen und damit dann im Nachgespräch mit anderen in Dialog zu treten? Mir jedenfalls ist es meistens völlig egal, was die Künstler*innen mit ihren Werken aussagen wollen. Denn darüber haben sie keine Gewalt mehr, wenn die Kunst einmal in der Welt ist. Interessanter ist für mich immer, was ein Film / ein Theaterstück / ein Gemälde / eine Komposition über die offensichtliche Botschaft hinaus auslösen kann.

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