Die Challenge in dieser Woche ist, einen bisher ungesehenen Film aus 2019 zu schauen, der noch auf der Watchlist steht.
Joe Talbots THE LAST BLACK MAN IN SAN FRANCISCO verhandelt in erster Linie die Frage, was eigentlich als Vermächtnis gelten kann – materielle oder immaterielle Werte? Und das passiert alles vor dem Hintergrund der Gentrifizierung. Denn dieser Prozess ist nicht nur „Bäumchen, wechsle dich“ auf dem Wohnungsmarkt, sondern letztlich Regression im progressiv gemusterten Wolfspelz. Verdrängt werden nämlich nicht nur im Verhältnis finanzschwächere Menschen, sondern damit auch gesellschaftliche Entwicklung und individuelle Geschichte. Und das führt letztlich zu noch mehr Monokultur und Segregation in der Gesellschaft. Es verhindert ein Zusammenwachsen nicht nur auf allen Ebenen, es fördert es sogar.
THE LAST BLACK MAN IN SAN FRANCISCO zeichnet ein warmherziges Porträt einer Stadt, die sich von sich selbst entfremdet hat und dabei in Kauf genommen hat, dass ihr Herz, ihre Einwohner*innen unter die Räder kamen. Es ist eine (Stadt-)Gesellschaft, die sich ob der Perspektive vermeintlich großen Wohlstands selbst gefressen und wieder ausgespuckt hat.
Und so schwer die dem Film zugrunde liegenden Themen letztlich sind, so beschwingt ist gleichzeitig die Leichtigkeit, mit der Talbot seine beiden Hauptdarsteller Jimmie Fails und Jonathan Majors derart grandios durch eine solche emotionale Dichte dirigiert. Beide stellen für das Publikum die Fragen, wer eigentlich die Früchte der eigenen Arbeit erntet. Was passiert, wenn das eigene Vermächtnis nicht mehr als anderer Menschen Eigentum ist. Was bleibt dann übrig? In THE LAST BLACK MAN IN SAN FRANCISCO ist es eine zu Tränen rührende, innige Freundschaft. Ein Band, das kein materielles Gut dieser Welt zertrennen könnte. Eine Freundschaft, die mit jeglichen konservativen Erwartungen an Männlichkeit bricht und daran wächst.