Schlagwort: Kino

  • Kinotagebuch: Dune – Part Two (2024)

    (US), R: Denis Villeneuve, D: Timothée Chalamet, Zendaya, Rebecca Ferguson, Josh Brolin, Austin Butler, Florence Pugh, Dave Bautista, Christopher Walken, Léa Seydoux, Stellan Skarsgård, Charlotte Rampling, Javier Bardem, [Wikipedia]

    Ein himmelweiter Unterschied ist das zum Vorgänger! Den hat Denis Villeneuve mit seinen Bildern, Dia- und Monologen sowie Hans Zimmers Frechheit von einem Score regelrecht erdrückt. Und jetzt: Jetzt haben Bilder und Figuren plötzlich Raum zum Atmen. Villeneuve findet auch kleine Bilder im Großen, schafft so ein Gegengewicht, das die gesamte Bildästhetik ins Gleichgewicht bringt. Seine Figuren erzählt er vielmehr implizit und weniger durch tonnenschwere Exposition.

    Kurz gesagt: Welt und Figuren fühlen sich so viel mehr rund und greifbar an als zuvor. Das gibt auch den Themen mehr Raum, sich zu entwickeln und tiefer in die Wahrnehmung der Zuschauer*innen vorzudringen. Gefühlt hat sich der Vorgänger langatmig mit durch die Herrschaftsordnung dieser Galaxie bedingten Symptomen auseinandergesetzt. Jetzt bekommt die Sache jedoch endlich Fleisch und beschäftigt sich eindringlicher mit religiösem und kapitalistischem Faschismus sowie der nuklearen Bedrohung, die einfach allem ein Ende setzen kann – egal, wessen Heilsversprechen man folgt.

    Was mir immer noch ein Rätsel ist: Wie kommen die nach so einem Ritt wieder vom Wurm runter?

    ★★★★☆

    💬 ·#: Kinotagebuch: Dune – Part Two (2024)
  • Kinotagebuch: The Zone of Interest (2023)

    (PL/GB/US), R: Jonathan Glazer, D: Christian Friedel, Sandra Hüller, [Wikipedia]

    Hedwig Höß schreit ihren Mann an, der als Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz abgezogen und zurück nach Deutschland beordert werden soll, wie er sich das denn vorstelle, warum das denn sein müsse. Immerhin habe man alles was sie brauchen direkt für der Tür. Hedwig spricht von ihrem üppigen Gemüsegarten, der Film meint jedoch die in den Krematorien unaufhörlich lodernden Flammen. 

    Dieser Moment ist das eindrückliche Kondensat dessen, wonach der Film strebt. THE ZONE OF INTEREST entwickelt seine Wucht nämlich vor allem durch die Erzählung der – und das hätte ich nicht erwartet – ökonomischen Dimension. Denn die Familie Höß lebt nicht in Saus und Braus, weil Rudolf am Ende eines jeden Quartals dicke SS-Boni einfährt. Der edle Pelzmantel, der schöne Lippenstift, die schicken Kleider, der reichhaltige Garten und die ekelhafte Selbstverständlichkeit, mit der sich diese Güter scheinbar aus dem Nichts heraus im Haus materialisieren – das lässt einem Schauer über Schauer den Rücken herunterlaufen.

    Es geht nicht darum, die Familie Höß als blutrünstige Judenhasser*innen zu inszenieren. Es geht zuvörderst auch nicht darum, die Banalität des Bösen im Hannah Arendtschen Sinne in Szene zu setzen. Es geht um den perversen Umstand, dass eine Gruppe Menschen die Existenz einer anderen ignorieren kann – und zwar so kühl berechnend, dass deren darauffolgende Vernichtung maximal noch als bürokratischer Akt wahrgenommen wird.

    Das brillante Sounddesign mit einem permanenten, immer schwerer drückenden Dröhnen über der vermeintlichen Familienidylle sorgt wiederum dafür, sich nicht schon während des Films in die Abstraktionsebene retten zu können. Es gleicht einem Tinnitus, der zunächst wahrgenommen, aber noch vergleichsweise gut ignoriert werden kann, sich schließlich aber doch durch jeden Verdrängungsmechanismus frisst und dein Leben zur Hölle macht.

    ★★★★½

    💬 ·#: Kinotagebuch: The Zone of Interest (2023)
  • Kinotagebuch: Poor Things (2023)

    Ich muss schon sagen, dass ich den alten Yorgos Lanthimos vermisse. Eben den Filmemacher, der viel fragmentarischer gearbeitet und versucht hat, Form anders zu denken. Der mit Sprache und nicht quirky Wes-Anderson-Sets Welten konstruiert und geformt hat. Den mit avantgardistischer Ambition.

    Nichtsdestotrotz ist POOR THINGS ein fabelhafter Film. Denn Emma Stone schafft es eigenhändig, die formale Kantenlosigkeit in den Hintergrund treten zu lassen. Sie muss die Entwicklung vom Kind zur Frau im Turbogang durchmachen und schafft es selbst bei diesem rasanten Tempo, ihre Figur mit emotionaler Nuancierung zu versehen, die einfach ansteckend ist. Diese unbändige Neugier, der regelrechte Spieltrieb, die konstante Irritation ob Mensch und Welt um sie herum – dem verleiht sie ohne einen Moment der Schwäche auf dieser langen Strecke brillant Ausdruck.

    Letztlich waren es für mich zwei Punkte, die der Film – im Gegensatz zu einem Großteil seines Ansinnens – nie explizit ausspricht, die POOR THINGS in all seiner Brachialiät aber klug durchsetzen: Zum Einen ist da Bella mit dem Körper einer Frau, dem ein Mann das Hirn eines ungeborenen Babys einsetzt. Andere Männer verfallen wahrscheinlich gerade deshalb dieser Bella, weil sie glauben, dieses „unschuldige“ Wesen manipulieren und einfacher ihre moralische Verkommenheit verstecken zu können.

    Zum Anderen gelingt es dem Film, die enge Verzahnung, ja das gegenseitige Bedingen von Kapitalismus und patriarchalen Strukturen zu einem Standbein der Geschichte zu machen und daraus resultierende Verhaltensmuster nachzuzeichnen – von den Männern, die Bella wie eine Ware behandeln bis zur Bordellchefin, die unter Vorspiegelung solidarischer Absichten lediglich selbst Profit aus Bella schlagen will.

    All das schafft der Film konsequent aus der Perspektive von Bella zu erzählen und ohne die Figur in Trauma ertrinken zu lassen. Denn die Erkenntnis, wie die Welt funktioniert und wie sie mit diesem System brechen kann, zu der gelangt sie durch ihre Wissbegierde und ohne zynisch auferlegtes Leid.

    Einfach Spaß macht es dann auch durch die Tatsache, dass POOR THINGS ist wie die beim Familienfest trocken an den unangenehmen Onkel gestellt Frage, was denn jetzt genau das Lustige an seinem rassistischen Witz ist – nur eben mit misogyner Gedankenakrobatik, die der Film konstant auflaufen lässt.

    ★★★★☆

    💬 ·#: Kinotagebuch: Poor Things (2023)
  • Kinotagebuch: Der Junge und der Reiher (2023)

    Nun wundert es wirklich nicht mehr, dass es Miyazaki nochmal ans Zeichenbrett getrieben hat. DER JUNGE UND DER REIHER ist in jedem Moment anzumerken, dass da noch etwas in ihm gearbeitet, wenn nicht sogar regelrecht gebrodelt hat. Denn dieser Film ist für mich unerwartet düster geraten, lässt stellenweise an Resignation grenzenden Pessimismus – oder Realismus? – gewähren.

    Die Natur des Menschen und der Mensch in der Natur – die dortige Suche nach Einklang, nach Harmonie zieht sich durch Miyazakis ganzes Schaffen. Und hier hadert er, scheint über weite Strecken des Films keine Hoffnung mehr zu finden. Der Mensch ist gescheitert, jetzt schickt die Natur mit Fleischermessern bewaffnete Wellensittiche, um uns in Stücke zu hacken.

    ABER… ein letztes Aufbäumen, noch einmal aus den Trümmern unserer Zivilisation wie der Phönix aus der Asche emporsteigen, dafür scheint es noch eine letzte kleine Chance zu geben.

    Gekonnt stellt Miyazaki den Jungen weder in einer Utopie noch einer Dystopie auf die Probe. Stattdessen entwirft er eine Zwischenwelt – nicht Himmel, nicht Unterwelt –, in der die Grenzen zwischen magischem Realismus und Surrealismus verschwimmen. Dort muss sich der Junge sich selbst und der mitunter herzzerreißend schmerzhaften Wirklichkeit des Lebens stellen. Verlust, Trauma, Trauer und Hoffnung. Und dazu gehört manchmal auch, sich in den Schmerz hinein zu begeben, ihn nicht abzukapseln und in der Schweigespirale untergehen zu lassen.

    ★★★★½

    💬 ·#: Kinotagebuch: Der Junge und der Reiher (2023)
  • Zweiter Trailer zu THE ZONE OF INTEREST mit Sandra Hüller

    Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
    Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

    Anderthalb Monate nach Trailer número uno verweile ich in ungebrochen gespannter Erwartung… Kinostart ist weiterhin für den 29. Februar 2024 geplant.

    💬 ·#: Zweiter Trailer zu THE ZONE OF INTEREST mit Sandra Hüller
  • Mein Medienmenü – Woche 47/2023 & Jens Wawrczeck

    Jens Wawrczeck aka Peter Shaw von Die drei ??? (r.) zusammen mit der fürs Filmprogramm der Cinémathèque verantwortlichen Katharina Franck (l.)

    Was war ich traurig, als in Leipzig die Pläne für ein eigenes Filmkunsthaus scheiterten. Dass danach irgendwie auch die Cinémathèque aus meinem Wahrnehmungshorizont wieder verschwunden ist, kann ich eigentlich niemandem – inklusive mir – glaubhaft erklären. Aber diese Woche, da habe ich sie wiederentdeckt! Denn einen Hitchcock auf großer Leinwand bekommt man in dieser Stadt nicht allzu oft zu sehen. „Rahmenprogramm“ war Hitchcock-Fan und Die drei ???-Sprecher Jens Wawrczeck. Zwar bin ich als cinephiles Wesen kein sonderlich großer Freund von Filmeinführungen – ich ergründe lieber erstmal selbst, ohne vorab auf eine bestimmte Bahn geschubst zu werden –, aber in dem Fall ging das schon klar. Und jetzt habe ich die Cinémathèque – neuerdings auch mit höchsteigener Spielstätte, also sozusagen einem kleinen Filmkunstladengeschäftchens – wieder auf dem Schirm. Und die ist wie ich am Kino als Diskursraum interessiert.

    Anyways… Auch abseits von Hitchcock kann ich mit meiner dieswöchigen Filmauswahl (mit einer Ausnahme) ziemlich zufrieden sein. Cool, dass BOTTOMS jetzt auch hierzulande zu sehen ist. Schade, dass er kein Kinofenster spendiert bekommen hat und bei Prime Video fast schon nebenbei ins Programm geworfen wurde. Anschauen lohnt sich!

    Geschaut habe ich außerdem den von Kim Frank zusammengeorgelten Doku-Dreiteiler über die Band Echt, deren Frontman er damals™ (1994-2002) war. Der hat mich erstmal zwiegespalten zurückgelassen. Denn zuallererst ist der Untertitel Unsere Jugend fast schon vermessen, weil die gewählte Perspektive durch und durch nur seine Jugend ist, er in erster Linie über seine Freunde und Bandkollegen Kai Fischer, Andreas Puffpaff, Florian Sump und Gunnar Astrup spricht und mit ihnen bis auf wenige Minuten gar kein richtiger Dialog stattfindet – obwohl eine der zentralen Erkenntnisse der Doku ist, dass ein besserer Austausch miteinander manche Probleme besser zu bewältigen gemacht hätte. Und trotzdem sind die drei Teile keine übele Egoshow, sondern irgendwie auch eine gelungene Reflektion des frühen Ruhms.

    Naja, und dann brach sie aus mir heraus, die plötzliche und mir unerklärliche Sehnsucht nach einem Rewatch von The O.C., was ich dann auch sofort umgesetzt habe. Joyn hat alle vier Staffeln (sogar im O-Ton) im werbefinanzierten Teil des Angebots!

    Filme

    Serien

    Bücher

    Podcasts

    💬 ·#: Mein Medienmenü – Woche 47/2023 & Jens Wawrczeck
  • Kinotagebuch: Rope (1948)

    Wer hätte gedacht, dass ich einen Hitchcock nochmal im Kino sehe… Danke an die Cinémathèque dafür und auch für das „Begleitprogramm“ mit Jens Wawrczeck aka Peter Shaw von Die drei ???, der mit How to Hitchcock über seine Liebe für dessen Filme geschrieben hat und offenbar nun mit Lesebrille und Filmen im Gepäck durch die Republik zieht.

    📸 Tolles Beweisfoto vom hohen Besuch

    Zugänglich, unterhaltsam, spannend – diese Gratwanderung beherrscht Hitchcock einfach. ROPE ist da keine Ausnahme und super gecastetes Kino. Es ist ein gekonntes (Kammer-)Spiel mit den Konventionen eines Whodunits. Durch die für 1948 überaus dynamische und immer elegante Kamerabewegung wird auch der Raum zu einem effektiven wie verführerischen Suspense-Werkzeug.

    Eine Kritik an der Überheblichkeit und Hybris einer sich selbst als Elite wahrnehmenden Schicht schwimmt sicherlich ziemlich präsent an der Oberfläche des Stoffes und wabert so immer wieder mal in den Fokus. Doch letztlich interessiert sich Hitchcock kaum für die vermeintlich niederen Schichten, was dem Ausdruck dieser Kritik etwas den Wind aus den Segeln nimmt.

    Viel interessanter waren für mich die letzten im Film gesprochenen Sätze, die sich über das Schichtendenken hinwegsetzen, die Menschheit grundsätzlich anklagen und die große Moralfrage stellen – ganz unabhängig von sozialer Stellung, ökonomischen Verhältnissen oder ästhetischer Betrachtungen.

    ★★★★☆

    💬 ·#: Kinotagebuch: Rope (1948)
  • Mein Medienmenü – Woche 43/2023 & Hunde vor Gericht

    Erstellt mit dem Image Creator von Microsoft Bing

    Ein bisschen traurig darüber, dass die Stargästin leider nicht zur Leipziger Premierenvorstellung des Cannes-Gewinnerfilms ANATOMIE D’UNE CHUTE von Justine Triet kommen konnte. Ich bin trotzdem noch total hin und weg von dem Film – und sehr davon unterhalten, dass Triet schon vor sieben Jahren mit ganz ähnlichen Elementen – zum Beispiel Hunde als Teil eines Gerichtsprozesses – in einem ganz anderen Film spielte.

    Ansonsten habe ich mit The Last of Us begonnen. Noch bin ich mir aber nicht sicher, was ich davon halten soll. Die ersten beiden Episode wirkten doch noch arg bemüht.

    Filme

    Serien

    Bücher

    Podcasts

    💬 ·#: Mein Medienmenü – Woche 43/2023 & Hunde vor Gericht
  • Kinotagebuch: Anatomie d’une chute (2023)

    Eigentlich sollte Sandra Hüller selbst auch zu dieser Premierenvorstellung kommen, aber sie musste leider kurzfristig absagen. Laut Kinoleiterin ging es ihr nicht gut. Sehr schade. Aber immerhin habe ich sie schonmal bei SISI & ICH im April gesehen.


    Ein herausragend komplexes Werk, dass sein Publikum dazu zwingt, Position zu beziehen – und zwar nicht (nur) in der Schuldfrage, sondern im Bezug zu eigenen Denkmustern, Prägungen und Vorurteilen. So wird jede*r andere Antworten finden, andere Fragen stellen und letztlich einen anderen Film sehen. Zumal der Film gut daran tut, sich im Kern eigentlich gar nicht so sehr für Schuld, Recht und Gerechtigkeit zu interessieren. Letztlich spielen die gefällten Urteile – sowohl moralischer als auch rechtlicher Natur – nämlich gar keine Rolle. Denn die Beziehung zwischen Sandra und ihrem Sohn Daniel ist angesichts objektiver Wahrheiten für immer zerrüttet. Die Natur des Menschen ist schlecht, was Beziehungen zwangsläufig messy macht. Da geht kein Weg drumherum, damit müssen wir alle klarkommen und arbeiten.

    Was man auch einfach mal festhalten kann: Der Film ist so gut im Fluss, ich konnte es kaum glauben, wie schnell die zweieinhalb Stunden vorbei waren.

    P.S.: Ich meine es todernst: Der Hund muss für den Nebenrollen-Oscar nominiert werden!

    ★★★★½

    💬 ·#: Kinotagebuch: Anatomie d’une chute (2023)
  • Kinotagebuch: Die Theorie von Allem (2023)

    Großartig, wie gut dieser Film die Ohnmacht und das Unbehagen transportiert, was man dort inmitten dieser Felsgiganten verspüren kann, wenn einen die bloße Existenz der Berge zu verschlucken droht, wenn alleine der visuelle Eindruck in seiner Gewalt radikal entwaffnend ist…

    Wirklich gepackt hat mich, was sich langsam unter der bleischweren Decke deutscher Vergangenheitsbewältigung hervortut. Das hat DIE THEORIE VON ALLEM für mich zu einer Art avantgardistischem OPPENHEIMER werden lassen. Nur hier ist es alleine schon die theoretische Möglichkeit dessen, dass Nazideutschland eine funktionierende Kernwaffe entwickeln konnte, die die Welt bzw. Realität aus den Fugen geraten lässt. Es ist der Schrecken des Was-Wäre-Wenns der hier nachhallt und vor dem Hintergrund des ganz realen Schreckens der beiden Atombomben-Abwürfe der USA über Hiroshima und Nagasaki einen Resonanzraum findet.

    Sicher, ein gewisse Affektiertheit ist dem Film in Sachen Bildgestaltung durchaus anzukreiden. Es gibt zahlreiche Stellen, an denen sich das Werk selbst ziemlich gut gefällt und damit auch nicht hinterm Berg hält. Vielleicht liegt es auch gerade an dieser Forschheit, dass das dicke Auftragen meinem Genuss keinen Abbruch getan hat.

    ★★★★☆

    💬 ·#: Kinotagebuch: Die Theorie von Allem (2023)
  • Kinotagebuch: Killers of the Flower Moon (2023)

    Wirklich begeistert hat mich, wie akribisch der Stoff das perfide System, die Struktur hinter den kaltblütigen Morden an den Osage herausarbeitet und wie Stück für Stück die Ohnmacht überhand nimmt, wenn durchdringt, dass das Morden völlig unabhängig von Ernest Burkharts Entscheidungen weitergegangen wäre.

    Leonardo DiCaprio als Schauspieler ist immer schwerer zu ertragen. KILLERS OF THE FLOWER MOON ist der fast dreieinhalbstündige Versuch, seine angestrengten Stirnfalten auf ewig in die Leinwand zu brennen. Es ist schon lustig zu sehen, mit wie viel Schweiß sich DiCaprio um Intensität bemüht und Lily Gladstone stoisch in die Kamera blickt und dabei mehr transportiert als DiCaprio wahrscheinlich seine ganze Karriere lang nicht geschafft hat.

    Inszenatorisch ist der Film zudem arg bieder. Scorsese geht in keiner Minute mal ein Wagnis ein oder sucht nach weniger ausgetretenen Pfaden. Stattdessen: Scheuklappen. Und die trägt er auch sonst beim Erzählen, das nahezu ausschließlich über einen krampfhaft ausbuchstabierten Plot passiert.

    Nach OPPENHEIMER ist das nun schon der zweite mehr als drei Stunden lange Film in diesem Kinojahr, an dem ich wahnsinnig viel zu kritisieren und mich dann doch abgeholt genug gefühlt habe. Es ist verzwickt 🤷‍♂️ Kino ❤️

    ★★★☆☆

    💬 ·#: Kinotagebuch: Killers of the Flower Moon (2023)
  • Erster Trailer zu Jonathan Glazers THE ZONE OF INTEREST

    Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
    Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

    Seit seiner Premiere in Cannes im Mai kann ich Jonathan Glazers neuen Film THE ZONE OF INTEREST kaum noch abwarten. Jetzt gibt es auch endlich einen ersten Trailer, der nun ein paar Bilder unter die vielen Texte, die ich bereits zu dem Film gelesen habe, legt. Auf dem Papier spricht viel dafür, dass das eine wahnsinnig intensive Erfahrung wird: Jonathan Glazer (Regie), Sandra Hüller (Hauptrolle) und Mica Levi (Musik). Aktuelles Startdatum in den deutschen Kinos ist der 29. Februar 2024.

    💬 ·#: Erster Trailer zu Jonathan Glazers THE ZONE OF INTEREST
  • Mein Medienmenü – Woche 37/2023 & Kinowärme

    Die Woche und dessen Ende mit einem Kinobesuch beschließen zu können, löst in mir immer ein total wohlig warmes Gefühl aus. Alleine der Ort macht etwas mit mir.

    Was hingegen wirklich kaum etwas mit mir gemacht hat, war The Boys. Nach allen bisher verfügbaren Staffeln bleibt bei mir nicht viel hängen, große Ideen hat die Serie bisher nicht gehabt. Recht angetan war ich dafür von Janine Nabers‚ und Donald Glovers Swarm und von Boots Rileys I’m A Virgo.

    Filme

    Serien

    Bücher

    Podcasts

    💬 ·#: Mein Medienmenü – Woche 37/2023 & Kinowärme
  • Kinotagebuch: Barbie (2023)

    Es hat nicht lange gedauert, bis ich nach Filmstart angefangen habe, mir über Folgendes Gedanken zu machen: Wie kann ich THE LEGO MOVIE gut finden und BARBIE so enttäuschend? Immerhin handelt es sich in beiden Fällen letztlich um einen Werbefilm. Ich bin zu diesem Schluss gekommen: THE LEGO MOVIE stellt die spielerische Kreativität in den Fokus, BARBIE dient hingegen weitestgehend dem Zweck, Mattel reinzuwaschen und die weiße Weste der Absolution überzustreifen. Haben Greta Gerwig und Noah Baumbach wirklich geglaubt, mit ihrem gemeinsam geschriebenen Drehbuch den Multi-Milliarden-Konzern Mattel vor dem Hintergrund seiner aus Markt- und Markenmacht folgenden gesellschaftlichen Verantwortung ernsthaft zur Rechenschaft ziehen zu können, während derselbe Konzern mit seinem Kapital die Filmwerdung des Drehbuchs überhaupt erst ermöglicht?

    BARBIE ist verlogen und halbgar, weil maximal lauwarm. Dieser Film hat eigentlich gar nichts zu erzählen und unterläuft auf jeder Ebene leider überhaupt nichts. Der feministische Grundgedanke wird in tonnenschwere Exposition gegossen und erstickt damit jeden noch so zarten Austrieb der Subversion im Keim. Die auf der Hand liegenden Pointen werden einem um die Ohren gehauen, um das Scheitern der Dekonstruktion des Konzepts Barbie im wilden Rausch einfach untergehen zu lassen. Übrig bleibt irgendein halbironisches Rumgeschmunzel, während in den weiterhin von Männern angeführten Leitungsebenen von Mattel und entsprechenden Tochterunternehmen ob der vielen hereinflatternden Dollarscheine die Luft zum Atmen knapp wird.

    ★★☆☆☆

    💬 ·#: Kinotagebuch: Barbie (2023)
  • Mittwochslinks – 17. Mai 2023

    Quentin Tarantino (l., Foto: Gage SkidmoreEigenes Werk, CC BY-SA 3.0) und Steven Soderbergh (r., Nicolas GeninEigenes Werk, CC BY-SA 2.0); Zuschnitt und Collage von mir.

    A Few Thoughts on Quentin Tarantino’s Plan to Retire (newyorker.com)

    Richard Brody nutzt im New Yorker Quentin Tarantinos gebetsmühlenartig immer wieder betonten Abgang nach zehn Filmen und Steven Soderberghs Rückzug aus dem System Hollywood, um zwei grundverschiedene Perspektiven auf Kino herauszuarbeiten: „The differing approaches that Soderbergh and Tarantino take to the very notion of cinema retirement set up an artistic dichotomy that both puts their individual careers into an illuminating perspective and reflects two defining ideals of the art of movies.“

    First strippers’ union in a decade is expected to form this week (cnn.com)

    Ein kleines Kuriosum aus Hollywood hat Natasha Chen für CNN ausgegraben: Zum ersten Mal seit zehn Jahren wird es in den USA wieder einen Stripclub geben, dessen Tänzer*innen sich gewerkschaftlich organisieren. Die Arbeiter*innen vertreten wird die Actors‘ Equity Association (AEA), in der sich eigentlich Theaterdarsteller*innen organisieren. AEA-Präsidentin Kate Shindle sagte laute CNN: „Strippers are live entertainers. While some elements of their job are unique, they are essentially performance artists, and have a lot in common with other Equity members who dance for a living[…].” Großartig!

    AI leaders: Please regulate us (axios.com)

    Sam Altman ist Chef on OpenAI, der Bude hinter ChatGPT und DALL·E. Und in dieser Funktion stand er jüngst einem Sentsunterausschuss für Justiz Rede und Antwort – und bettelte offenbar regelrecht darum, von staatlicher Seite aus reguliert zu werden. Ashley Gold und Ryan Heath analysieren für Axios: Vielleicht geht es Altman gar nicht so sehr darum, ob der rasanten Entwicklung sogenannter künstlicher Intelligenzen gesellschaftlichen Schaden abzuwenden, sondern viel mehr um die Zementierung seines Marktvorsprungs. Klingt trotzdem wie der Moment, in dem die Dystopie unabwendbar wurde.

    💬 ·#: Mittwochslinks – 17. Mai 2023
  • Meine Woche in Filmen – KW15 (+13 & 14 nachgeholt) / 2023

    So, dann will ich mal meine vergangene Filmwoche auf- und die beiden davor (nach dem Klick auf mehr…) nachholen. Auf Letterboxd habe ich zwar fleißig weiter meine Kurzkritiken daniedergeschrieben, aber das alles dann auch noch hier im Blog zusammenzukehren, war aus Gründen™ dann einfach nicht drin. Schamloses Clickbait: Ganz am Ende des Beitrags habe ich ein tolles Foto versteckt.

    10.04.: THE TEN COMMANDMENTS (1956) – ★★½☆☆

    Ein Klassiker zur Osterzeit, den ich bisher noch nicht gesehen hatte. Turns out: Viel zu verpassen gab es dann doch nicht.

    13.04.: SHAZAM! FURY OF THE GODS (2023) – ★☆☆☆☆

    Den Vorgänger fand ich erstaunlich unterhaltsam, deshalb habe ich auch dem Nachfolger eine Chance gegeben. Aber der ist wirklich der Inbegriff dessen, woran derzeitige Superheldenfilme kranken.

    13.04.: FALL (2022) – ★★★☆☆

    Dieser Film waberte in meiner Blase schon länger als „Geheimtipp“ herum. Gefühlt hat den mangels eines Kinostarts hierzulande kaum jemand gesehen, oder? Kollege Christian Neffe moniert für Kino-Zeit jedenfalls absolut zu Recht, dass FALL nicht auf der großen Leinwand zu sehen war. Schon auf dem Fernseher hat der Film meine Höhenangst zum Kochen gebracht.

    14.04.: PLUS QUE JAMAIS (2022) – ★★★½☆

    Der fantastische 3 TAGE IN QUIBERON hat mir Emily Atef vorgestellt. Ihr jüngster Streich lief bei der diesjährigen Berlinale im Wettbewerb und nun auch in den Kinos. Mit den bereits gekauften Karten in der Hinterhand habe ich also geschaut, was ich mir als „Vorbereitung“ noch so ansehen könnte. Und Vicky Krieps schaue ich mir ja auch in fast allem an.

    15.04.: IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN (2023) – ★★★★☆

    Siehe oben. Nur was sich Atef dabei gedacht hat, ihre Schauspieler*innen eine schlechte Immitation Thüringer Dialekts darbieten zu lassen, ist mir unerklärlich. Im Abspann wurde zwei Dialektcoaches erwähnt und ich frage mich, wie viel Zeit die beiden wirklich hatten, mit dem Cast zu arbeiten… 🤷‍♂️

    16.04.: FREAKY (2020) – ★★½☆☆

    HAPPY DEATH DAY war sicherlich nicht deer größte Wurf, aber doch schon einigermaßen unterhaltsam. So wollte ich dem jüngsten Projekt der Macher auch eine Chance geben.

    (mehr …)
    💬 ·#: Meine Woche in Filmen – KW15 (+13 & 14 nachgeholt) / 2023
  • Meine Woche in Filmen – KW12 / 2023

    Machen wir’s kurz: Weil das Leben dazwischenkam, ist es tatsächlich bei einem einzigen Film geblieben – und zwar im Kino als Belohnung für den Abschluss der Woche.

    26.03.: JOHN WICK: CHAPTER 4 (2023) – ★★★½☆

    Ich liebe die Reihe und deswegen musste ich natürlich nicht lange darüber nachdenken, als die Termine für OV-Vorstellungen in den Spielplänen auftauchten.

    💬 ·#: Meine Woche in Filmen – KW12 / 2023
  • Dienstagslinks – 21. März 2023

    Foto: Carsten ten BrinkEigenes Werk, CC BY-NC-ND 2.0

    Mögliche Zensur in Hongkong: Kinos streichen »Pu der Bär«-Horrorpersiflage (spiegel.de)

    Was für ein Zufall, dass laut Spiegel/Reuters alle der rund 30 Kinos in der Sonderverwaltungszone als einzige Lichtspielhäuser Weltweit wegen technischen Problemen WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY (2023) nicht zeigen können.

    Ukrainekrieg und Internet: Stell dir vor, es ist Cyberkrieg und alle gehen hin (, faz.net)

    Internetmensch Wolfgang Kleinwächter analysiert für die FAZ, wie im digitalen Krieg die Grenzen massiv verschwimmen. Was zählt als kriegerischer Akt? Kann im Internet das allgemeine Gewaltverbot überhaupt überschritten werden? Spannend finde ich auch, wie im Cyberkrieg (meine Güte, wie ich das Wort mit C hasse) Zivilist*innen abseits irgendwelcher staatlicher bzw. militärischer Strukturen plötzlich zu Akteur*innen in einem Krieg werden. Für mich die wichtigste Erkenntnis: Digitale Infrastruktur darf weder in privatwirtschaftlicher noch staatlicher Hand sein, sondern muss von neutraler Stelle aus verwaltet werden.

    Berliner Adbusterin zieht vor das Bundesverfassungsgericht (nd-aktuell.de)

    „Geht Dienst an der Waffe auch ohne Waffe?“, fragte die Bundeswehr im Rahmen einer Plakatkampagne auf der Suche nach ITler*innen. „Kein Dienst an der Waffe geht ohne Waffe!“, überklebten Adbuster*innen in Berlin. Eine davon war Frida Henkel, bei der deshalb letztlich die Polizei mit Durchsuchungsbefehl vor der Tür stand. Die Studentin hat darum nun Verfassungsbeschwerde eingereicht. Dass die Staatsanwaltschaft das für angemessen hielt: bedenklich. Dass ein Gericht den Antrag offenbar nicht für bedenklich gehalten hat: skandalös.

    Aus dem bürgerlichen Heldenleben – Über die leidgeprüfte Figur des Kritikers (nachtkritik.de)

    Esther Slevogt zeichnet auf nachtkritik.de die Rolle von Theaterkritiker*innen im Wandel der Zeitalter nach. Kulturkritik halte auch ich für unglaublich wichtig. Wer sie mit Hundekot beschmiert, ist nicht nur über alle Maßen eitel, sondern der lebende Beweis dafür, warum öffentliche Kritik niemals (wieder) verschwinden darf.

    💬 ·#: Dienstagslinks – 21. März 2023
  • Meine Woche in Filmen – KW11 / 2023

    Zur Abwechslung mal eine Woche, in der ich es filmtechnisch ein bisschen ruhiger habe angehen lassen. Könnte auch daran gelegen haben, dass der Frühling Einzug gehalten hat. Musste mich dann auch erst mal im Kino erholen 😅

    13.03.: À NOS AMOURS (1983) – ★★★★☆

    Agnès Varda hat mich mit SANS TOIT NI LOI (1985) nicht nur vom Hocker gehauen, sondern auch auf Sandrine Bonnaire aufmerksam gemacht. War also klar, dass ich mir irgendwann auch Maurice Pialats Film zu Gemüte führen werde. Das „Läuft in X Tagen ab“ von Mubi hat mir dann praktisch einen Zeitraum nahegelegt. Ich will mein Abo ja auch richtig nutzen.

    15.03.: ROCKY IV (1985) – ★★☆☆☆

    Vier von bisher neun Filmen geschafft. Uff.

    19.03.: BROKER (2022) – ★★★½☆

    Mein erster Hirokazu Kore-eda war der fantastische SHOPLIFTERS (2018). Nun auch für seinen neuen Film die Pilgerreise zum Kino anzutreten, war deshalb ein absoluter No-Brainer.

    💬 ·#: Meine Woche in Filmen – KW11 / 2023
  • Montagslinks – 13. Februar 2023

    Angela Bassett auf der San Diego Comic Con 2015 (Foto: Gage SkidmoreEigenes Werk, CC BY-SA 2.0)

    The Undeniable Royalty of Angela Bassett (newyorker.com)

    Michael Schulman führt ein wirklich herrlich unprätentiöses Gespräch mit der großartigen Angela Bassett über Wertschätzung, Erfolg, harte Arbeit, Erfüllung und überhaupt. Für mich immer wieder faszinierend: Die Oscars gelten selbst für Menschen wie Angela Bassett, die in Film offensichtlich mehr als nur eine Geldquelle sieht, immer noch als dieser ultimative Ausdruck von Wertschätzung. Dabei ist das eine Auszeichnung, bei der es ganz offenkundig kein bisschen um Filmkunst geht.

    Nach Attacke mit Hundekot: Hausverbot für Ballettchef Goecke (NDR.de)

    Nach der schon gestern hier erwähnten üblen Entgleisung des Balletdirektors des Staatsballetts hagelt es nun erste Konsequenzen: Hausverbot und Suspendierung. Laut NDR soll er auf Instagram geschrieben haben: „Ich arbeite seit 25 Jahren und schlechte Kritiken sind mir egal! Aber es gibt Grenzen! Das würde sich niemand, der ein Geschäft hat gefallen lassen!“ Sich in weniger Worten selbst zu widersprechen und zu widerlegen, muss man auch erst mal schaffen.

    Tickets für die Berlinale: Nachruf auf die Schlange (tagesspiegel.de)

    Christiane Peitz trauert im Berliner Tagesspiegel dem langen (räumlich und zeitlich gesehen) Schlangen vor den Ticketschaltern von Deutschlands wichtigsten Filmfestival nach. Ein charmanter Kommentar für das Kino als Ort der kommunalen Erlebens, das nicht nur im Saal selbst stattfindet. Was Christiane Peitz in ihrem Text jedoch nicht mitdenkt: Zeit ist Geld und sich die halbe Nacht lang für den nächsten Arthouse-Film die Beine in den Bauch zu stehen, muss man sich eben auch ganz wortwörtlich leisten können.

    Unpacking the Allegations Against Ezra Miller (thecut.com)

    Warner Bros. hat ohne mit der Wimper zu zucken zum Superbowl mit dem Rühren der Werbetrommel zum kommenden DC-Streifen THE FLASH begonnen. Lange wurde spekuliert, ob der Film nicht einfach für immer in den Giftschrank kommt. Denn Hauptdarsteller Ezra Miller hat wiederholt äußerst problematisches und wohl auch strafrechtlich relevantes Verhalten an den Tag gelegt. Danielle Cohen und Olivia Truffaut-Wong haben für The Cut noch einmal alle öffentlichen Vorwürfe zusammengekehrt – und alter Schwede, man braucht für den Artikel echt Sitzfleisch.

    Why your blog still needs RSS (journal.paoloamoroso.com)

    Kein neuer Gedanke, aber er wurde mir heute in (ironischerweise) die Timeline gespült. Alles, was ich wirklich lesen möchte, habe ich mit einem RSS-Reader abonniert. Sich auf Social Media von der Nachricht oder coolem Kram einfach finden zu lassen, habe ich eine Zeit lang ausprobiert. Aber letztlich fehlt mit dieser Methode die Kontrolle. Denn welche Nachrichten mich erreichen, hängt in erster Linie nicht davon ab, wem ich folge, sondern vom intransparent agierenden Algorithmus der jeweiligen Plattform. Schamlose Eigenwerbung: Auch dieses Blog lässt sich super einfach über RSS abonnieren ➠ https://blog.andrepitz.de/feed/

    💬 ·#: Montagslinks – 13. Februar 2023